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Einbringungsrede zum Landestheater von Oberbürgermeister Simon Faber

Flensburg Szene

Slesvig_Teater-300x226(CIS-intern) – Ohne KOmmentar unserseits, der Inhalt steht zur offenen Diskussion: Rede zur Einbringung der Vorlage HA-12/2014 zum Schleswig-holsteinischen Landestheater in der gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Kulturausschusses der Stadt Flensburg .

Ohne Frage: die Schleswig-Holsteinisches Landestheater und Sinfonieorchester GmbH befindet sich in einer schwierigen Situation. Diese Situation ist allerdings nicht alleine aus der Unsicherheit über die Schleswiger Produktions- und Spielstätte entstanden – auch wenn dieser Sachverhalt derzeit im Fokus der medialen Aufmerksamkeit steht.

Nein, – als langfristig und verantwortungsvoll Denkende müssen wir auch darauf hinweisen, dass völlig unabhängig von der Standortfrage Schleswig die mittel- und langfristige Finanzierung des Landestheaters seit Langem ungeklärt ist.
Eine stets wiederkehrende Kernaussage der Jahresabschlüsse ist die in wenigen Jahren drohende Insolvenz. Aktuell tritt diese nachden Berechnungen im Theaterkonzept der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung (S. 73) im Laufe der Spielzeit 2017/18 ein.

Foto: Wikimedia

Seit vielen Jahren wird in unregelmäßigen Abständen immer wieder – gerne öffentlichkeitswirksam – ein mögliches „AUS“ des Landestheaters kommuniziert, weil eine wirklich belastbare Zukunftsprognose fehlt. Die Existenz gefährden den Faktoren freilich sind immer wieder andere. Vor wenigen Jahren beispielsweise war die unzureichende Dynamisierung der FAG-Mittel Anlass zu wiederkehrenden Demonstrationszügen durch die Sitzstädte. Aktuell ist es nun die Gebäudefrage in Schleswig.

Erinnern wir uns an die Aussagen der Personalräte vor 2 Wochen diesem Gremium: „Seit ungefähr 10 Jahren befinden wir uns im Ausnahmezustand“ hieß es seitens des Personals. Daraus wird doch im Umkehrschluss deutlich: Die bisherige Herangehensweise von einer Rettung zur nächsten ist ausgereizt!

Wir sind also zum Handeln aufgefordert – und brauchen dazu vor allem einen gründlicheren und konstruktiven – gerne auch kreativen – Blick in die Zukunft. Ich freue mich daher, dass es in der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung inzwischen die Bereitschaft gibt, einen Strategieprozess mit externer Begleitung anzugehen.

Ehe ich zum Ausblick komme, gestatten Sie mir aber einige kurze Reaktionen auf öffentlich geäußerte Meinungen der letzten Wochen:

1. Der Vorwurf, Flensburg habe den Neubau eines Theaters auf dem Hesterberg verhindert, ist nicht zutreffend, er ist sogar fast absurd. Die Entscheidung über den Hesterberg war und ist einzig und alleine eine autonome Angelegenheit der Stadt Schleswig, in die sich die Stadt Flensburg nicht eingemischt hat und auch nicht einmischen wird. Flensburg hat lediglich deutlich gemacht, dass die Landestheater GmbH kein über die vorgelegten Planungen hinausgehendes zusätzliches Baukostenrisiko tragen kann. Damit hat die Stadt Flensburg finanziell verantwortungsvoll und umsichtig gehandelt. Jeder, der die Verantwortung für die eigenen Finanzen hat, hätte genauso handeln müssen. Die Mehrheitsverhältnisse in der Schleswiger Ratsversammlung blieben von diesem Detail übrigens offensichtlich unbeeindruckt.

2. Der Vorwurf, wir würden der Intendanz und dem Aufsichtsrat einen “Maulkorb” verpassen
Auch dieser Vorwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, zielt völlig ins Leere. Wir haben keine Maulkörbe verteilt und wir wollen auch zukünftig keine Maulkörbe verteilen.
Wir wollen aber, dass die ständige Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Gesellschafter aufhört. Und das erreichen wir nicht, in dem wir abwechselnd über ein drohendes „AUS“, dann über unabgestimmte Bauherren-Modelle oder Standort-Ideen in der Zeitung lesen. Stabilität erreichen wir nur, in
dem sich zunächst die Gesellschafterversammlung eine Meinung zur Zukunft unseres Landestheaters bildet und diese dann gemeinsam kommuniziert. Nur so wird es belastbare Ergebnisse und Mehrheiten geben können.

3. Deshalb brauchen wir jetzt auch keinen Wettbewerb darum, wer den schönsten Schnellstart hinlegt (Standorte, Sitzstädte, Gesellschafterstruktur etc.) sondern eine sorgfältige und auch kritische Bestandsaufnahme.

Einen wichtigen Schritt können wir mit der HA-12/20 14 gehen, in der wir empfehlen, über sehr unterschiedliche Zukunftsszenarien für das Theater nachzudenken. Diese Offenheit im Denken ist wichtig: Nur eine gründliche Abwägung der Vor- und Nachteile verschiedener Szenarien wird es uns ermöglichen eine langfristig tragfähige Struktur für das Theater im Norden Schleswig-Holsteins zu finden.

Denn die Entscheidung über die Zukunft des Landestheaters ist ja nicht nur eine Frage der Finanzierung. In erster Linie ist es doch eine kulturelle Frage. deshalb heute ja auch die gemeinsame Sitzung von Haupt- und Kulturausschuss. Wie können wir es erreichen, dass es weiterhin ein attraktives und zeitgemäßes Theateran
gebot im Norden Schleswig-Holsteins gibt?

Vier Leitgedanken liegen der Vorlage zugrunde.
Theater als kulturelles Angebot gibt seit vielen Jahren. Doch unsere Gesellschaft wandelt sich. Das Freizeitangebot und nicht zuletzt die Vergleichsmöglichkeiten (denken Sie an Städtereisen, denken Sie an die Vielfalt kultureller Angebote in der digitalen Welt) sind seit 1974 massiv ausgeweitet worden. Nur durch hohe Qualität und Authentizität kann es regionalem Theater heute gelingen, Zuschauer anzuziehen. Hier sage ich CHAPEAU – Hut ab, vor den Erfolgen, die einige Sparten unter Herrn Grisebach in den letzten Jahren trotz widriger Umstände hingelegt haben – stellvertretend sei die jüngste Preisverleihung an Katharina Torwesten
erwähnt. Eine weitere Schärfung des künstlerischen Profils kann aber nur gelingen, wenn auch die Langzeitprognose stimmt.

Unsere Gesellschaft wandelt sich auch in anderer Hinsicht. Immer weniger Familien fühlen sich dem klassisch bürgerlichen Kulturbegriff als Ideal verbunden. Auch in unserer Region lebt ein Theater davon, neue Zielgruppen gezielt durch neue Formate anzusprechen. Wir freuen uns, dass das Landestheater z.B. im Bereich der Jugendarbeit hier bereits Akzente setzt. Betrachtet man allerdings die Zusammensetzung der Flensburger Bevölkerung heute – ich nenne die Begriffe Studentenstadt und Willkomme nskultur – wird auch deutlich, dass hier noch mehr geht.

Unser Landestheater ist – und das ist ein Alleinstellungsmerkmal ein Theater, das in hohem Maße für die Fläche ausgelegt ist. Neben den festen Spielorten muss es daher auch in der Fläche präsent sein und sich dabei viel flexibler an örtliche und saisonale Bedürfnisse anpassen können! Da kann es dann nur verwundern, dass ein noch neues in vielerlei Hinsicht hervorragendes Kongresszentrum in Husum nicht bespielt wird! Es wäre auch eine Analyse wert, ob man sich nicht ganz anders auf die saisonalen Bedürfnisse einstellt, z.B. mit Sommer-Highlights wie z.B. Theaterfestivals auf den Inseln, also abseits der üblichen Spielorte, oder vielleicht einem Musikdampfer zwischen Alsion und Hafenspitze?

Um zukunftsfähig zu bleiben und um neue Angebote zu generieren müssen wir zukünftig auch verstärkt Kooperationen mit örtlichen, regionalen und internationalen Partnern eingehen. Auch wenn eine Orchesterfusion vor 2 Jahren auf beiden Seiten auf Vorbehalte stieß:
Sind denn alle Synergien zwischen beiden Klangkörpern gehoben? Kooperation kann einerseits die Finanzierung auf breitere Schultern stellen, andererseits aber auch die Angebote attraktivieren. Was spräche eigentlich dagegen, auch dem Flensburger Publikum ausgewählte Inszenierungen aus Lübeck zu zeigen – und umgekehrt?

Insgesamt ist es also aus kulturpolitischer Sicht nahe liegend, wenn nicht gar geboten, im Rahmen des Strategie-Prozesses auch zu betrachten, inwieweit die heutige 40-jährige Struktur des Landestheaters auch heute 1:1 zu den kulturellen Bedürfnissen und gesellschaftli-chen Rahmenbedingungen passt.

Vor 40 Jahren war man mutig genug, den Weg aus der Krise über eine Strukturveränderung zu finden. Diesen Mut brauchen wir auch heute wieder. Oder, um mit den Worten von Friedrich Schiller zu sprechen: „Geben Sie Gedankenfreiheit“ (Don Carlos). Nur in einem gut organisierten – ergebnisoffenen Strategieprozess ist di
ese möglich.

Die Entscheidung darüber, wie es mit der Landestheater GmbH weitergeht, obliegt letztendlich der Gesellschafterversammlung als höchstem Organ. Dem mit Abstand größten Gesellschafter, der Stadt Flensburg, kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Dieser Verantwortung wollen wir durch die Anregung eines ergebnisoffenen Strategieprozesses wie in der HA-12/2014 beschrieben gerecht werden, so dass ich Sie hiermit um Ihre Unterstützung zur Vorlage bitte.

PM: Stadt Flensburg

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